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Bankrecht

Abbuchung über Bankkarte durch Nichtberechtigte

Beweisregeln

Es kommt leider immer wieder vor, dass mittels einer ausgegebenen EC-Karte oder einer Kreditkarte zulasten eines Girokontos Beträge von Nichtberechtigten abgehoben werden und die jeweiligen Konteninhaber dadurch geschädigt werden. Hat in diesen Fällen der jeweilige Kontoinhaber gemäß § 675u BGB einen Zahlungsanspruch gegen das kontoführende Kreditinstitut auf Ausgleich der erfolgten Verfügung über das Girokonto?

Grundsätzlich geht die Rechtsprechung davon aus, dass der Anscheinsbeweis für eine grob fahrlässige Pflichtverletzung des Kontoinhabers gegeben ist, wenn eine EC-Karte zeitnah nach dem Diebstahl unter Eingabe der richtigen PIN verwendet wird. Dieser Anscheinsbeweis gilt auch unter Einführung der neuen Beweisregel des § 675w S. 3 BGB.

Allerdings, und so war es in dem Fall des Oberlandesgerichtes Stuttgart (Az. 9 U 200/22), ist durchaus eine Fallkonstellation denkbar, wonach dieser Anscheinsbeweis deshalb nicht angewandt werden kann, weil der Schaden von zwei verschiedenen Ursachen herbeigeführt worden sein kann, die beide typische Geschehensabläufe sind.

Der Entscheidung des Oberlandesgericht Stuttgart lag folgende Fallkonstellation zu Grunde: 10 Minuten, nachdem die Kontoinhaberin über ihr Girokonto per EC-Karte unter Verwendung der zuzuordnenden PIN verfügt hat, ist eine weitere Verfügung über ihr Girokonto per EC-Karte unter Verwendung der richtigen PIN erfolgt. Die Kontoinhaberin befand sich in einem Markt und hat an der Kasse die zuerst genannte Verfügung vorgenommen. Zu diesem Zweck hat sie ihre PIN-Nummer mit verdeckter Hand eingegeben. Sie hat aber nicht beachtet, dass hinter ihr ein Mann stand, der ganz genau die Eingabe hat beobachten können und durch diese Beobachtung die richtige PIN erfassen konnte und kurze Zeit danach der Kontoinhaberin die im Geldbeutel befindliche EC-Karte entwendete.

In diesem Fall gelte der eingangs erwähnte Anscheinsbeweis nicht. Die Kontoinhaberin konnte daher zu Recht unter Hinweis auf § 675u BGB den Ausgleich der Belastungsbuchung durch das jeweilige Kreditinstitut verlangen. Diese Entscheidung ist rechtskräftig geworden.

Es zeigt sich also, dass in all diesen Fällen, die bedauerlicherweise immer wieder vorkommen, sich der Kunde nicht zu rasch von der jeweiligen Bank oder Sparkasse zurückweisen lassen soll, wenn er in einem entsprechenden Fall den Ausgleich der Belastungsbuchung verlangt.

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Wolfgang D. Götz

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Bastian Trotzki

Rechtsanwalt und Notar

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