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Erbrecht

Hausverbot für Partner der Erbin

Hausverbot für Partner der Erbin in Testament ist sittenwidrig!

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem Hinweisbeschluss (AZ.: 10 U 58/21) klargestellt, dass die Verfügung einer Mutter in ihrem Testament, wonach ihre Tochter ihrem Lebensgefährten Hausverbot erteilen muss, wenn sie weiterhin in dem vererbten Haus leben möchte, sittenwidrig und damit nichtig ist.

Im zu entscheidenden Fall hatte eine Frau aus Bochum von Ihrer verstorbenen Mutter ein Grundstück mit einem Einfamilienhaus geerbt. Grundstück und Haus befindet sich seit Jahrzehnten im Eigentum der Familie. Mutter einerseits und Enkelin und Tochter andererseits wohnten in zwei Wohnungen des Gebäudes. Der langjährige Lebensgefährte der Tochter bewohnte eine eigene Wohnung in der Nachbarschaft, war aber der Ziehvater der Enkelin, ging im Haus ein und aus und erledigte dort auch Reparaturen. Zu keinem Zeitpunkt gab es ernsthaften Streit.

Umso überraschender waren dann die von der Mutter in ihrem notariellen Testament formulierten zwei Bedingungen: Den Erbinnen – Tochter und Enkelin – war es untersagt, das Grundstück an den Lebensgefährten der Tochter zu übertragen. Zusätzlich sollten die Erbinnen jedoch dem Lebensgefährten auch auf Dauer untersagen, das Grundstück zu betreten. Das Betretungsverbot sollte überwacht und die Immobilie bei einem Verstoß gegen dieses Verbot veräußert werden.

Das OLG Hamm hielt das Betretungsverbot für sittenwidrig. Zwar sei die vom Grundgesetz geschützte Testierfreiheit, die eine Gestaltung der Erbfolge nach eigenen Vorstellungen ermögliche, zu beachten und Sittenwidrigkeit könne daher nur in sehr engen Ausnahmefällen angenommen werden. Die Bejahung eines solchen Ausnahmefalles komme in Betracht, wenn durch die nur bedingte Zuwendung ein unzumutbarer Druck auf die Bedachten ausgeübt werde, sich in einem höchstpersönlichen Bereich in einer bestimmten Art und Weise zu verhalten. Bloße Nutzungsregelungen seien dagegen grundsätzlich zulässig.

Das Betretungsverbot für den Lebensgefährten der Tochter stehe zwar im Zusammenhang mit der Nutzung des Grundstückes, im Vordergrund stehe aber, dass dem Lebensgefährten, der zugleich Ziehvater der Enkelin ist, der Zugang zu der zuvor auch von ihm genutzten Wohnung plötzlich und ohne erkennbaren Grund verwehrt werden sollte. Das familiäre Zusammenleben, welches zuvor unstreitig praktiziert worden war, könne aufgrund des Betretungsverbotes nicht mehr in bisheriger Form fortgeführt werden. Deshalb sei der höchstpersönliche Bereich der Lebensführung der Tochter betroffen und das Betretungsverbot deshalb sittenwidrig und nichtig.

Da davon auszugehen war, dass die verstorbene Mutter ihrer Tochter und ihre Enkelin auch ohne diese unwirksamen Bedingungen zu Erbinnen eingesetzt hätte, führte die Sittenwidrigkeit dazu, dass die Bedingung zwar entfalle, der übrige Testamentsinhalt aber unberührt bleibe.

Aufgrund dieses Hinweises des Gerichts nahm der Testamentsvollstrecker die von ihm eingelegte Berufung zurück, sodass das gleichlautende Urteil des Landgerichts Bochum vom 29.04.2021 (AZ.: 8 O 486/20) damit rechtskräftig wurde.

Ihr Ansprechpartner für den Bereich Erbrecht

Marcus Tangemann

Rechtsanwalt in freier Mitarbeit

Fachanwalt für Familienrecht

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